Justizminister und DAV fordern Regelung für Vererbung digitalen Nachlasses
Justizminister und DAV fordern Regelung für Vererbung digitalen Nachlasses
Mehrere Landesjustizminister fordern gesetzliche Regelungen, damit Erben Zugriff auf geschützte digitale Dienste eines Verstorbenen erhalten können – etwa ein Facebook-Profil oder ein Handy mit PIN-Code. Facebook hatte erbberechtigten Angehörigen verstorbener Nutzer den Zugang zu solchen Konten verweigert, unter anderem unter Verweis auf das Fernmeldegeheimnis und den Schutz der Kommunikation mit Dritten – und diesbezüglich vor Gericht Recht bekommen. Auch der Deutsche Anwaltsverein (DAV) sieht den Gesetzgeber in der Pflicht.
Justizminister für Zugriffsmöglichkeit der Erben
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) sagte am 29.01.2018 gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Wenn Nutzer sterben, muss es den Erben möglich sein, einen Zugang zu den Daten zu erhalten.“ Es sei deshalb notwendig, „dass der Gesetzgeber auch klare Regelungen fasst, wie es mit dem digitalen Erbe auszusehen hat. Insbesondere die Anbieter von Speicherplätzen oder Streaming-Angeboten sollten hier klare Vorgaben bekommen.“ Auch Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) ist der Auffassung, dass im Erbrecht 2.0 nichts anderes gelten dürfe als in der analogen Welt. Der Erbe müsse an die digitalen Daten genauso herankommen, wie etwa an die analoge Briefpost des Verstorbenen oder dessen sonstige „Hardware“.
Auch DAV hält Klarstellung durch Gesetzgeber für erforderlich
Auch die Teilnehmer eines gemeinsamen Symposions des DAV und des Deutschen Juristentages (djt), das am 25.01.2018 in Berlin stattgefunden hat, waren sich einig: „Es sind klarstellende Ergänzungen im Telekommunikationsgesetz erforderlich, um Rechtsunsicherheit rund um den Digitalen Nachlass zu lösen. In Deutschland muss der Gesetzgeber endlich Sicherheit schaffen und klarstellen, dass ein Provider den digitalen Nachlass an die Erben herausgeben darf“, so DAV-Präsident Ulrich Schellenberg. (Pressemeldung DAV Digitaler Nachlass – der Gesetzgeber ist gefordert)
Qualifiziertes Gesetz für Eingriff in Fernmeldegeheimnis fehlt
Denn aus Sicht des DAV könnte ein Provider nach heutiger Rechtslage in das Fernmeldegeheimnis des Erblassers und seiner Kommunikationspartner eingreifen, wenn er die Inhalte ohne Einwilligung des Erblassers und seiner Kommunikationspartner an die Erben herausgäbe. „Es fehlt ein ausreichend qualifiziertes Gesetz für einen solchen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis“, analysiert Rechtsanwalt Thomas Mayen, ehemaliger Präsident des djt und Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses des DAV.
Auch internationaler Anwendungsbereich des Fernmeldegesetzes unklar
Der Blick ins Internationale Privatrecht zeigt laut DAV darüber hinaus, dass der internationale Anwendungsbereich des Fernmeldegeheimnisses alles andere als klar ist. Es stelle sich insbesondere die Frage, ob auf datenschutzrechtliche Kollisionsnormen zurückgegriffen werden könne, was bei europäischen Sachverhalten zur Maßgeblichkeit ausländischen Rechts führen könnte, zum Beispiel bei Facebook zur Anwendbarkeit irischen Rechts.
DAV: Warten auf BGH-Entscheidung nicht zielführend
Der DAV betont, dass das Thema brandaktuell sei. Der erste Facebook-Fall habe nach Urteilen des Landgerichts Berlin (20 o 172/15) und des Kammergerichts (21 U 9/16) nun den Bundesgerichtshof erreicht. Es sei aber keine Lösung, auf den BGH zu warten, warnt Schellenberg, „da wir ein Gesetz brauchen, das dem Erblasser, seinen Kommunikationspartnern und seinen Erben Sicherheit gebe.“
Quelle: https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/digitaler-nachlass-justizminister-fordern-regelung-fuer-vererbung-von-facebook-account