Digitale Vorsorge – Richtig vererben

Quelle : Süddeutsche Zeitung vom 13. September 2016, 10:55 Uhr von  Sebastian Jannasch

Richtig vererben
Warum Sie sich um Ihren digitalen Nachlass kümmern sollten

Gefangen im Netz oder Warum Sie sich um Ihren digitalen Nachlass kümmern sollten

Ein korrekt verfasstes Testament kann helfen, Streit unter den Erben zu vermeiden. (Foto: dpa) aus Süddeutsche Zeitung vom 13.09.2016

Testament Nachlass Erbrecht Ein korrekt verfasstes Testament kann helfen, Streit unter den Erben zu vermeiden.

Alle paar Minuten stirbt in Deutschland ein Facebook-Nutzer, ohne entschieden zu haben, was mit seinem Konto geschehen soll. Erben müssen dann Detektivarbeit leisten.
Wenn die Kunden von Marie-Theres Fimberger Platz nehmen, haben sie meist einen ganzen Beutel Elektrogeräte dabei: Handys, Laptops, Tablets, USB-Sticks. Darauf befinden sich Erinnerungen an einen Verstorbenen. „Wir helfen Erben dabei, Fotos, Videos, Vermögen und Dokumente zu sichern und machen digitale Identitäten im Netz ausfindig“, sagt Fimberger. Zusammen mit dem Informatiker Armin Wagner betreibt die Betriebswirtin in München eine Agentur, die sich um den digitalen Nachlass kümmert.

Fast alle Deutschen hinterlassen Spuren im Internet, auch mehr als die Hälfte der über 60-Jährigen ist online aktiv. Sie speichern Fotos im Netz, legen Profile bei sozialen Netzwerken an, verschicken E-Mails, zocken auf Wettportalen, überweisen Geld und präsentieren sich auf Partnerbörsen. Später wird das muntere Surfen zum Problem. „Viele Erben haben keine Ahnung, wo der Verstorbene online unterwegs war, sie kennen keine Passwörter, haben keinen Zugang zu E-Mails“, sagt Geschäftsführerin Fimberger.

Dabei gehört der digitale Nachlass zur Erbschaft. Das schließt gespeicherte Daten auf Elektronikgeräten ebenso ein wie Rechte an Websites, umfasst aber auch Verträge, die online abgeschlossen wurden. Erben haben Anspruch auf mögliche Guthaben, die bei Bezahldiensten oder Spielportalen schlummern. Gleichzeitig stehen sie aber auch in der Pflicht, die online bereits georderte Waschmaschine zu stornieren oder für Online-Abos einzustehen.

Digitale Nachlassverwalter übernehmen die Recherche

Um sich einen Überblick zu verschaffen, wo Kunden- und Mitgliedskonten bestehen, sollten Hinterbliebene ins E-Mail-Postfach des Verstorbenen schauen. Wer die Kennwörter nicht kennt und den Aufwand scheut, sich mit Sterbeurkunde und Erbschein an den Anbieter zu wenden, kann Hilfe bei digitalen Nachlassverwaltern suchen. Die Berliner Firma Columba zum Beispiel recherchiert bei bis zu 250 Internetportalen, ob ein Konto vorliegt.

Diese Portale decken der Firma zufolge etwa 90 Prozent des bundesweiten Umsatzes im Onlinehandel ab. Passwörter werden für die Abfrage nicht gebraucht, Inhalte nicht erfasst. Die Ergebnisse der Recherche sehen die Kunden auf einem geschützten Portal ein. „Erben können entscheiden, ob Konten geschlossen oder an sie übertragen werden sollen“, sagt Christopher Eiler von Columba. Sicher können Angehörige aber nicht sein, dass dabei auch wirklich alle Konten und Profile aufgestöbert werden.

Die Analyse gewährt tiefe Einblicke in die Privatsphäre

Wenn Experten die Geräte des Verstorbenen auswerten, steigen die Chancen. „Meist können wir rekonstruieren, welche Websites jemand besucht hat und finden so auch Mitgliedschaften bei kleineren Anbietern“, sagt Fimberger-Mitarbeiter Armin Wagner. Häufig ließen sich Passwörter auslesen. Das ist bei ausländischen Anbietern wie Facebook hilfreich, die es nicht selten ablehnen, Zugang zu Konten zu gewähren. Den Erben muss aber klar sein, dass sie Fremden für die Analyse tiefe Einblicke in die Privatsphäre erlauben.

Deshalb ist es ratsam, das digitale Erbe vorher zu regeln. Internetnutzer sollten Zugangsnamen und Passwörter sammeln. Per Vollmacht lässt sich festlegen, wie eine Vertrauensperson mit den Daten umgehen soll, wenn man stirbt oder handlungsunfähig ist. Auch in einem Testament lässt sich das digitale Erbe regeln. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat das Thema im Internet unter www.machts-gut.de aufbereitet.

Quelle : Süddeutsche Zeitung vom 13. September 2016, 10:55 Uhr von Sebastian Jannasch

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